Ich verkaufe mich: Der Weg zur Eigenmarke

Juwelier Ich Eigenmarke

Der „Juwelier Ich” kann auf vielfältige Weise mit seiner eigenen CI punkten – und sich so als eigene Marke präsentieren. © Blickpunkt Juwelier

In der Uhren- und Schmuckbranche spricht man oft davon, dass der Kunde mit außergewöhnlichem Schmuck oder einer speziellen Uhr seine Persönlichkeit unterstreichen, seinen eigenen Stil kreieren oder seine Vorlieben ausdrücken kann. Dasselbe könnte auch für den Juwelier gelten – denn als „Juwelier ICH” stehen die Kompetenz, der Stil und das Design des Juweliers im Fokus.



Drogerieprodukte, Lebensmittelhandel, Haushaltsprodukte. Was haben diese Handelssparten gemeinsam? Hier ist der Griff zur Eigenmarke, zur Handelsmarke oft gelernt und spiegelt sich auch in den Verkaufszahlen wider. Marktforscher und freiberuflicher Hochschuldozent Michael Unkel kam bei einer quantitativen Online-Befragung mit 300 Verbrauchern sowie knapp 30 Experten aus Wissenschaft, Industrie und Agenturen im persönlichen Interview unter anderem auf folgendes Ergebnis: „95 Prozent der Verbraucher unterscheiden heute klassischerweise nicht in Hersteller- oder Handelsmarken, präferiert und gekauft wird, was dem persönlichen Preis-Leistungsverhältnis, dem Qualitätsanspruch sowie Zusatzaspekten wie Bio/Öko oder Regionalität entsprechen.“ (Quelle: marketinginstitut.biz | Herstellermarken vs. Handelsmarken im FMCG-Business). Besonders im Lebensmittelhandel sind Handels- oder Eigenmarken eine gelernte Alternative zu oft teureren Markenartikeln. Und nachdem viele Studien gezeigt haben, dass weder Geschmack noch Qualität unter dem Dach „Eigenmarke“ leiden, greifen Verbraucher vermehrt zu den günstigeren Produkten. Auch das Online-Statistik-Portal statista.com hat sich mit Handels- vs. Herstellermarken in verschiedenen Sparten beschäftigt – und kommt zum Ergebnis, dass im Lebensmittelhandel 60 Prozent eher zur Handelsmarke als zum Markenartikel greifen, bei Haushaltsprodukten sind es immer noch 54 Prozent.

Marke ICH Handelsmarken Hersteller Statistik
Besonders im Lebensmittelhandel gehören Eigen- oder Handelsmarken zum fixen Bestandteil im Sortiments-Portfolio. Außerdem können sich besonders kleinere Händler mit „eigenen“ Marken profilieren. © statista.de

Nicht nur das Image des Juweliers erhält dank Eigenmarken ein Upgrade, es geht auch um den Preis!

White Label vs. Eigenmarke

Wenn es um Eigenmarken geht, kommt oft auch der Begriff „White Label“ ins Spiel. Dabei ist zu unterscheiden, dass Eigenmarken häufig jene Kollektionen bzw. Produkte sind, die eigens für einen Händler gestaltet werden. In der Schmuckbranche wäre das beispielsweise eine eigene Kollektion, die es nur bei einem Juwelier und unter seinem eigenen Namen gibt. Im Gegensatz dazu gibt es den Begriff „White Label“. Hier gibt es vorgefertigte Kollektionen, die für den Handelspartner mit seiner CI gekennzeichnet werden. Für den Konsumenten sind sowohl die einen als auch die anderen Produkte jene „seines” Händlers. In der Fashionbranche spricht man bei White Label oft von „Re-Branding“. Das bedeutet, die Produkte werden mit einem speziellen, der eigenen CI angepassten Verpackung gekennzeichnet, es gibt eventuell kleine Etiketten des eigenen Geschäfts als Aufnäher usw. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.

Tobias Göbbel, Head of Strategy & Consulting für Konsumgüter und Service bei Accenture
Tobias Göbbel, Head of Strategy & Consulting für Konsumgüter und Service bei Accenture.

Es wird erwartet, dass es im Jahr 2025 mehr Handelsmarken als Herstellermarken im deutschen Handel geben wird.

Tobias Göbbel, Head of Strategy & Consulting für Konsumgüter und Service bei Accenture

Was bringt’s?

Ob Eigenmarke oder White Label – der Sinn dahinter ist immer derselbe: Der Konsument „erkennt“ den Herstellungsprozess dahinter nicht – und betrachtet so den Händler (ob Juwelier, Modeboutique oder Drogist) als den Hersteller dieser Produkte. Dabei geht es nicht darum, ihn hinters Licht zu führen – keineswegs. Vielmehr geht es darum, sein eigenes Können, seine Expertise und sein Know-How ins richtige Licht zu rücken. Und dem Konsumenten so schlussendlich zu zeigen, dass man der kompetente Ansprechpartner in seiner Branche ist. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Individualität. Jede und jeder ist auf der Suche nach etwas Einzigartigem, etwas, das nicht an jeder zweiten Ecke verkauft wird, etwas, das seine eigene Persönlichkeit hervorhebt. Denn das ist es schließlich, was wir alle wollen: Einzigartigkeit.

Mehr zum thema

Juwelier Eigenmarke Marke ICH
Auch in der Fashion-Industrie sind Eigenmarken oder White Label Produkte bereits hoch etabliert – oft wird White Label Fashion als Basis für kleine Brands herangezogen, die die Produkte dann noch „aufpeppen“. © Blickpunkt Juwelier

Mein Produkt, meine Marge

Mit White Label Schmuck kann sich der Juwelier also als kompetenter, trendiger und stilsicherer Partner gegenüber seinen Konsumenten aufstellen. Denn White Label bedeutet auch, sich beim Konsumenten als „Hersteller“ im Gedächtnis zu verankern. MEIN Juwelier macht die Designs, MEIN Juwelier weiß, was angesagt ist, MEIN Juwelier ist der Ansprechpartner. Was damit zusammenhängt: Einzigartigkeit durch unvergleichliche Produkte und das Erlebnis Juwelier, das zelebriert wird. Was für den Juwelier dabei rauskommt? Er präsentiert sich, seine Produkte, seine CI, seine Ideen – und er kann für diese Produkte einen höheren Preis verlangen, als er es bei vergleichbaren Markenprodukten machen kann. Denn besonders der Vergleich im Web macht Konsumenten schnell deutlich, wenn dieses oder jenes Produkt beim nächsten Juwelier mehr oder weniger kostet. Mit einem eigenen Label – der Marke ICH – bleibt der Juwelier unvergleichlich und kann dadurch auch im Preis höher gehen. Das bedeutet, dass die vielzitierte Marge eine höhere sein kann, wenn es kein unmittelbares Vergleichsprodukt gibt. Das Rechenbeispiel zeigt, dass ein- und derselbe Ring als „Juwelier ICH“ mehr kosten darf, als von einer Marke, die es eventuell auch mehrmals in der eigenen Stadt zu kaufen gibt.


Eigenmarken mit Erfolg
© Blickpunkt Juwelier

Die Vorteile der Eigenmarke

⊕ Unvergleichlichkeit durch Einzigartigkeit
⊕ Selbst zu wählende Marge – dadurch mehr Gewinnspanne möglich
⊕ Manifestation als kompetenter Ansprechpartner
⊕ Durchgängige CI in allen Bereichen

Was braucht der Juwelier ICH?

Was braucht es dazu eigentlich alles in der Praxis? Zuerst sprechen wir von der Visitenkarte – dem Schaufenster. Und schon hier wird klar, dass es mehr als „nur“ den Schmuck braucht. Denn worauf soll der genannte Schmuck denn liegen? Genau – auf einem Display. Und auch das sollte bereits signalisieren, dass hier „Juwelier ICH“ am Werk war. Es braucht also neben den Produkten auch die passenden Dekorationsmaterialien – sowohl fürs Schaufenster als auch für das Geschäft selbst. Einen Schritt weiter geht’s dann schon ins Geschäft. Dort sollte sich der Ladenbau von „Juwelier ICH“ vom Schaufenster fortziehen. Denn wie auch Roland Kaulfuß, Geschäftsführer der Deiter-Gruppe, im Zuge des Umbaus von Juwelier Pletzsch in Frankfurt betont: „Wenn Pletzsch draufsteht, muss auch Pletzsch drinnen sein.“ Was in unserem Fall bedeutet: Wenn Juwelier ICH draufsteht, sollte auch Juwelier ICH im Inneren zu finden sein. Der Ladenbau spielt also eine äußerst wichtige Rolle im Rennen um die Eigenmarke. Weiter im Szenario: Hat sich der Kunde nun für einen Ring von „Juwelier ICH“ entschieden, braucht es die richtige Verpackung. Und dass Verpackung nicht gleich Verpackung ist, erklärt Gregor Krampe von Sodem auf der folgenden Seite. Ein Punkt, der wohl nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, spätestens aber, wenn ein Kunde eine Reparatur oder ein Service braucht, spielt auch die Werkstatt bei „Juwelier ICH“ eine wichtige Rolle. Denn damit kann sich der Juwelier als kompetente Anlaufstelle in allen Uhren- und Schmuckbelangen darstellen – und damit wiederum seine Kompetenz als Juwelier stärken.

Höhere Marge dank Eigenmarke
© Blickpunkt Juwelier

Was macht MICH aus? Woher komme ich – und wohin will ich? Diese Fragen muss sich der Juwelier stellen.

Gregor Krampe, Managing Director, Sodem

Keine Angst vor Einzigartigkeit

Zusammenfassend kann gesagt werden: Wer sich als Eigenmarke positioniert, weiß, was angesagt ist, versteht, sich und seine „Marke ICH“ zu verkaufen, kann in Sachen Gewinnmaximierung vorne mit dabei sein. Und ein Blick in andere Branchen zeigt, dass es längst nicht mehr nur die großen Marken sind, die nachgefragt und präferiert werden – das Gesamtpaket muss stimmen. Und dazu zählt der äußere Eindruck, die Qualität und ein Versprechen der Einzigartigkeit. An sich und seine Kunden.         

Teilen
Keine Kommentare

Hinterlassen Sie uns einen Kommentar

Verwandte Themen

Ähnliche Themen