Junghans Terrassenbau Museum: Uhrengeschichte in einzigartiger Industriearchitektur

Es ist auch eine Investition in die Vergangenheit. Im Junghans Terrassenbau Museum wird nicht nur die Geschichte der Uhrenfabrik, sondern auch die der Schwarzwalduhren und damit ein wichtiger Teil der deutschen Uhrenindustrie aufgearbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch Juweliere können mit ihren Kunden Gruppenführungen erhalten.


Der Terrassenbau bildet den ebenso ungewöhnlichen wie passenden Rahmen für das Uhrenmuseum. Das imposante architektonische Meisterwerk von Philipp Jakob Manz, erbaut zwischen 1916 und 1918, wurde für dieses Museum unter Denkmalschutzgesichtspunkten zwei Jahre lang mit hohem finanziellen Aufwand restauriert. In dem einzigartigen Industriebau in Hanglage haben die Junghans-Mitarbeiter seit der Fertigstellung 1918 viele Millionen Zeitmesser montiert – Wecker, Großuhren und Kleinuhren. „Es könnte keinen geeigneteren Ort für diese Präsentation geben“, sagt Dr. Hans-Jochem Steim, gemeinsam mit seinen Kindern Hannes Steim, Annette Steim und Cathrin Schroer (geb. Steim) Eigentümer der Immobilienverwaltung Geißhalde GbR, die Eigentümerin des Junghans Terrassenbaus ist.

Jeder Raum in diesem Gebäude aus der Feder des erfolgreichen Stuttgarter Architekten Philipp Jakob Manz atmet Uhrengeschichte. Manz gilt als einer der bekanntesten Industriearchitekten zu Beginn des 20. Jahrhunderts und Wegbereiter des funktionalen Bauens. Die Besonderheit dieses für damalige Zeiten hochmodernen Produktionsstandortes: Die schmalen langen Räume sind so gestaltet, dass fast alle Arbeitsplätze direkt am Fenster liegen.

Besucher des Museums dürfen sich gleich zu Beginn über einen besonderen Attraktion freuen. Ein Schrägaufzug an der Außenseite des Gebäudes bringt die Besucher ins oberste Stockwerk. In den Terrassen 9 bis 7 sowie 5 befindet sich die Sammlung Engelmann, hier werden die Besucher in die Anfänge der handwerklichen Uhrenherstellung im Schwarzwald zurückversetzt. Neben Uhren gibt es dort auch Orchestrien und Musikspielautomaten zu sehen. Heinrich Engelmann aus Vechta in Niedersachsen hat diese Sammlung über Jahrzehnte geschaffen, viele der Exponate aufwändig restauriert und teilweise sogar originalgetreue Teile für Mechanik und Gestell gefertigt. Für das Junghans Terrassenbau Museum konnte Dr. Steim diese Sammlung mit Ausstellungsstücken vom 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert erwerben. Auch eine originale Uhrmacherwerkstatt aus dem 18. Jahrhundert ist zu sehen, ebenso selbstverständlich die für den Schwarzwald typischen Kuckucksuhren in vielen Variationen.

Die Firma Junghans war zu ihrer Blütezeit mit rund 10.000 Mitarbeitern nicht nur der größte Arbeitgeber in der Stadt, im Umfeld des Unternehmens entwickelte sich über Jahrzehnte auch eine innovative Zulieferindustrie. In Terrasse 4 gibt das Museum Einblick in diese Branche, die in erster Linie Uhrfedern hergestellt hat.

Anders als Schwarzwalduhren oder Wiener-Regulatoren hatten die Junghans-Regulatoren nämlich keinen Gewicht-, sondern einen Federaufzug. Firmengründer Erhard Junghans I war deshalb auf zuverlässige Lieferanten für diese Produkte angewiesen. Er unterstützte die Ansiedlung von Firmen und leitete damit die Industrialisierung ein. Noch heute existieren einige der Betriebe, die als Junghans-Zulieferer gegründet wurden – der größte und bekannteste ist Kern-Liebers. Zu dieser Unternehmensgruppe gehören mittlerweile auch mehrere ehemals selbstständige Junghans-Zulieferfirmen wie Carl Haas, Franz Josef King und Bruker-Spaleck (früher Pfaff & Schlauder).

Ebenfalls Teil der Ausstellung in Terrasse 4 ist der Bereich Quarze. In den 1970er Jahren begann der Siegeszug der Quarzuhren, damit stieg auch der Bedarf stetig an. Insbesondere die Firma Carl Haas war hier als Innovationstreiber für Junghans ein wichtiger Hersteller.

Das Herzstück des neuen Museums erreichen Besucher in Terrasse 3. Hier wird die Geschichte der Familie und der Firma Junghans erzählt. Dabei geht es nicht „nur“ um Uhren, sondern ebenso um die Bedeutung der Familie für die Entwicklung der Stadt. Durch ihr Wirken hat sie der ganzen Region zu wirtschaftlichem Wachstum und Wohlstand verholfen. Die Dokumentation beginnt im Jahr 1830, als Nikolaus Junghans aus Zell a. H. mit seiner Familie – darunter auch Sohn Erhard – nach Schramberg zog. Der risikobereite Erhard Junghans I gründete 1861 zusammen mit seinem Schwager Jakob Zeller die Uhrenbestandteilefabrik Zeller & Junghans und legte damit den Grundstein für die Erfolgsgeschichte. Am Ende steht, nach der Insolvenz, 2009 die Übernahme durch die Unternehmerfamilie Steim.

Aktuelles Uhrendesign bildet den Abschluss der Ausstellung in Terrasse 2, hier befindet sich auch der Junghans Shop mit Werksverkauf. Die Terrasse 6 ist als einzige nicht offen zugänglich, sie dient als Magazin. Zu einem späteren Zeitpunkt soll im vorgelagerten Hochbau ein Café eröffnen. Das Museum hat bereits kurz nach der Eröffnung den Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg 2018 erhalten.

 

Info:

Das Junghans Terrassenbau Museum ist täglich außer montags

von 10 bis 18 Uhr geöffnet, letzter Einlass ist um 17 Uhr. Gruppenführungen sind nach vorheriger Anmeldung möglich.

Weitere Informationen: www.junghans-terrassenbau-museum.de

 

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