Tatort Handel: Statistik zu Kriminalität veröffentlicht

Der Einzelhandel hat jährlich mit kleinen und großen Straftaten zu kämpfen. Das EHI liefert die Zahlen dazu. © Fotosenmeer/ Shutterstock.com

Das EHI hat ein Dossier zu Kriminalität in Deutschland veröffentlicht, die sich speziell auf den Handel bezieht. Wir geben Einblicke in die Auswertung.



Zahlen, Daten, Fakten: Das EHI Retail Institute mit Sitz in Köln hat eine Statistik zum Thema Kriminalität und Sicherheit im Handel veröffentlicht. Damit können nun Zahlen auch an das Gefühl gehängt werden, das viele Händler aus unserer Branche wohl bereits seit einiger Zeit haben: Ja, die Überfälle sind insgesamt mehr geworden. Wie das im Detail aussieht, zeigen wir Ihnen anhand einiger Auszüge.


© EHI Retail Institut

Allgemeine Kriminalstatistik

In Deutschland wurden im Jahr 2022 insgesamt gut 5,6 Millionen Kriminalfälle im Handel erfasst. Im Jahr 2021 waren es noch etwas mehr als 5 Millionen. Den Spitzenreiter der letzten zehn Jahre macht allerdings das Jahr 2016, mit etwas unter 6,4 Millionen Fällen.

Zur Unterteilung nach Bundesländern: Gemessen nach absoluten Fällen ist Nordrhein-Westfalen mit 1.366.601 Fällen der traurige Spitzenreiter. Allerdings ist NRW auch das bevölkerungsreichste Land der Bundesrepublik. Auf Platz 2, mit nur etwa der Hälfte der Fälle, genau genommen 619.089 erfassten Taten, liegt Bayern – gefolgt von Baden-Württemberg mit 550.008 Fällen. Auf dem letzten Platz mit 69.149 Fällen liegt das Saarland.

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Schwerer Ladendiebstahl

Ladendiebstahl ist ein Szenario, von dem auch Juweliere betroffen sind. Die EHI-Studie unterscheidet zwischen einfachem und schwerem Ladendiebstahl. Im Fall des einfachen Ladendiebstahls trennt den Täter kein Hindernis wie ein Fenster oder eine Tür von seiner Beute – die Gegenstände sind für ihn frei zugänglich.

Im Fall des schweren Ladendiebstahls muss der Gegenstand sich in einer geschlossenen Vitrine oder ähnlichem befinden.

Das EHI schreibt: „Während sich die Zahl der schweren Ladendiebstähle in den letzten 13 Jahren von 8.194 im Jahr 2007 auf 21.723 Fälle im Jahr 2022 mehr als verdreifacht hat, ist die Zahl der angezeigten einfachen Ladendiebstähle seit 1997 kontinuierlich gesunken. Sie hat sich in den letzten 25 Jahre von 670.153 Fällen im Jahr 1997 auf 322.946 Fälle im Jahr 2022 sogar mehr als halbiert. Allerdings ist die Dunkelziffer sehr hoch.“

Als unsicherstes Bundesland in Sachen Ladendiebstahl, sowohl in der einfachen als auch in der schweren Variante, schießt Berlin den Vogel ab. Pro 100.000 Einwohner ereigneten sich hier insgesamt 925 Fälle, 77 davon schwer.

Rheinland-Pfalz bildet das Gegengewicht mit 269 Ladendiebstählen insgesamt pro 100.00 Einwohner und 16 schweren Fällen.

Zahlen zur Aufklärungsquote

Wo Straftaten passieren, werden sie auch aufgeklärt. Die gute Nachricht ist, dass hier in der Statistik alle aufgelisteten Städte gut abschneiden. Erfasst wurde die Aufklärungsquote der Top-10-Städte mit der höchsten Häufigkeitszahl von einfachem Ladendiebstahl. Die niedrigste Aufklärungsquote gibt es in Osnabrück mit 87,6 Prozent. Am höchsten liegt sie in Heidelberg mit 95,2 Prozent, gefolgt von Kassel und Regensburg mit jeweils 94,5 Prozent und Dortmund mit 91,9 Prozent.

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Inventurdifferenzen im Einzelhandel

 Die Statistik hat auch die Inventurdifferenzen im Einzelhandel erfasst. Der betreffende Zeitraum, in dem gemessen wurde, betrifft die Jahre von 2011 bis 2021. Der gemessene Inventurverlust lag im deutschsprachigen Einzelhandel 2021 bei 4,1 Milliarden Euro. 3,2 Milliarden davon wurden durch Diebstähle verursacht.

Trotz der gigantischen Zahlen ist ein leichter Abwärtstrend zu bemerken. Von einem Verlust von 4,4 Milliarden im Jahr 2019, wovon 3,7 Milliarden durch Diebstahl verursacht wurden, ist die Zahl auf 4,1 Milliarden gesunken, wovon 3,2 Milliarden durch Diebstahl verursacht wurden. Der Verlust durch Diebstahl von Kunden belief sich 2021 auf 2,1 Milliarden Euro.

Das lässt Raum für immerhin noch 1,1 Milliarden Euro Inventurverlust, der durch Diebstahl verursacht wurden – aber nicht durch Kunden. Das lässt Raum zum Nachdenken.

Das EHI hat auch geplante Präventionsmaßnahmen ermittelt, die Unternehmen einsetzen wollen, um den Verlust auszugleichen oder zu verhindern. Personalschulung steht dabei ganz oben auf der Agenda, aber auch Warenwirtschaftssysteme sind ein entscheidendes Mittel, um die Inventurdifferenzen im Einzelhandel zu verhindern oder zu vermindern. Wichtig ist auch die Kassendatenauswertung sowie eine offene Kameraüberwachung und Artikelsicherung.

HDE fordert konsequente Bestrafung

Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) meldet sich zu der EHI-Statistik zu Wort. Er fordert spürbare Konsequenzen für Ladendiebe.

„Ladendiebstahl ist keine Kleinigkeit, sondern ein ernstzunehmendes Vermögensdelikt. Jahr für Jahr erleidet der Einzelhandel in Deutschland auf diese Art Verluste in Milliardenhöhe. Da darf es keine Bagatellisierung oder falsch verstandene Toleranz geben“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Der HDE geht davon aus, dass die Dunkelziffer beim Ladendiebstahl bei bis zu 90 Prozent liegt. Denn eine Vielzahl der Delikte wird erst gar nicht bei der Polizei angezeigt. Viele Händlerinnen und Händler haben die Erfahrung gemacht, dass die angezeigten Ladendiebe meist ohne größere Konsequenzen davonkommen. In der Folge unterbleibt häufig die Anzeige. Wir brauchen eine konsequentere Sanktionierung des Ladendiebstahls. Hier geht es um das Eigentum von Unternehmen.“

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