Zu wenig Öffnung für den Handel

Im Handel werden die neuen Corona-Beschlüsse kritisch gesehen. (Credit: Halfpoint / Shutterstock.com)

Im Handel werden die neuen Corona-Beschlüsse kritisch gesehen. (Credit: Halfpoint / Shutterstock.com)

Im Einzelhandel stößt das bisschen Öffnung, das die Politik wagen will, vielerorts auf Kritik. 


Der Handelsverband Deutschland (HDE) bezeichnete die Beschlüsse von Bund und Ländern als “Katastrophe”. Der Einkauf nach Terminvergabe könne für die allermeisten Geschäfte kein wirtschaftlicher Rettungsanker sein. Denn dabei seien in der Regel Personal und Betriebskosten höher als die Umsätze, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Faktisch werde der Lockdown damit für die große Mehrheit der Nicht-Lebensmittelhändler bis Ende März verlängert. Denn eine stabile Inzidenz von unter 50, die für eine Wiedereröffnung aller Geschäfte als Bedingung genannt werde, sei auf absehbare Zeit wohl nicht flächendeckend zu erreichen.


Der Präsident des Handelsverbandes Textil (BTE), Steffen Jost, urteilte nicht ganz so harsch: “Für kleinere Geschäfte mit hoher Beratungsorientierung mag das ein sinnvoller Zwischenschritt sein”, sagte er. Doch bei Häusern mit hohen Kundenfrequenzen rechne es sich wohl eher nicht. Unter dem Strich fiel auch seine Urteil über den Corona-Gipfel verheerend aus: “Weitere Modehändler werden so in den Ruin getrieben, weil die Politik immer nur auf die Inzidenzwerte schaut”, klagte er.Der Verband der Deutschen Möbelindustrie begrüßte die Möglichkeit von Einzelberatungsterminen dagegen als ersten Schritt, “zumindest den dringendsten Einrichtungsbedarf der Bevölkerung zu decken”.

Der Deutschland-Chef des Elektronikhändlers MediaMarktSaturn, Florian Gietl, beklagte, es sei “eine weltfremde Lösung, die für Händler mit größeren Flächen kaum wirtschaftlich umsetzbar ist”. Deutschlands größter Parfümeriehändler Douglas kündigte dagegen an, ab “spätestens Dienstag den Service Click&Meet in einem Teil seiner deutschen Filialen anzubieten”.

Insgesamt überwogen in Industrie, Handel und Gastronomie kritische Stimmen zum Corona-Gipfel. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga bezeichnete die Entscheidungen von Bund und Ländern als “unverständlich und inakzeptabel”. Dehoga-Präsident Guido Zöllick klagte im RBB-Inforadio: “Weite Teile unserer Branche sind nach wie vor völlig ohne Perspektive.” Der Bundesverband der Systemgastronomie urteilte: “Dieser Beschluss ist keine wirkliche Öffnungsstrategie”. Fassungslos zeigte sich der Deutsche Eventverband. Weiterhin fehle es an jeglicher Öffnungsperspektive für die Branche.

Auch Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer meinte: “Die Bund-Länder-Beschlüsse bringen für viele unserer von Schließungen betroffenen Betriebe nicht die erhoffte Öffnungsoption schon in nächster Zeit.” Bei dem Treffen sei “deutlich mehr drin gewesen”. Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, sprach von einer “Hinhalte-Politik, die Betriebe und Beschäftigte weiterhin ohne jegliche wirkliche Perspektive zurücklässt”.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) urteilte: “Der Beschluss von Bund und Ländern ist aus Sicht der Wirtschaft unzureichend”. Ziel müsse es sein durch eine in sich stimmige Impf- und Teststrategie Planbarkeit und Verlässlichkeit für Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen.

Eine Beschleunigung der Impfungen und eine intelligente Teststrategie forderte auch der Deutsche Reiseverband (DRV). “Es ist inakzeptabel, dass wir aufgrund des Fehlens von Tests und des viel zu langsamen Impfprozesses gezwungen werden, weitere Monate im Lockdown zu verharren”, sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU): “Für die Wirtschaft wurde viel erreicht”, sagte Altmaier. So werde es bereits im März erste wichtige Öffnungsschritte geben. Zudem habe sich die Runde von der umstrittenen 35er-Inzidenz verabschiedet. “Die Inzidenz von 35, die sehr streng war, die viele verärgert und aufgeregt hat, die ist nicht mehr für die Öffnung Voraussetzung”, betonte der Minister. (Quelle: Dpa)

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