WILLI BIRK, Geschäftsführer Point Tec: „Wir haben 20 Jahre Junkers verkauft und hatten dort bereits Bauhaus-Uhren erfolgreich im Einsatz. Dieses für uns schlüssige Konzept haben wir mit Iron Annie weitergeführt und als Ersatz für die weggefallene Marke positioniert.“
Durchdachte Markenpolitik und Zukunftsvisionen innerhalb des eigenen Unternehmens bestimmen den Erfolg bei Point Tec. Geschäftsführer Willi Birk erzählt im zweiten Teil von der Produktionsstätte mit Geschichte und der Weiterentwicklung des ausgedehnten Mechanikbereiches sowie der Arbeit an den smarten Modellen.
Im Gespräch mit CEO Willi Birk
BLICKPUNKT JUWELIER: Was war die Hauptmotivation für den Erhalt des Traditionshauses Ruhla als Produktionsstandort?
BIRK: Wir sind hier Anfang der 1990er-Jahre eingestiegen. Davor haben wir in Frankreich produziert, weil die Infrastruktur dort vom Gehäuse- über den Zifferblatt- bis zum Lederproduzenten noch intakt war. In Pforzheim war hingegen schon fast alles tot. Dann kam man auf mich mit der Frage zu, die Montage zu verlagern. So wurde das ganze Arsenal an Bauteilen „herübergeholt“ und wir haben 1992/93 die ersten 10.000 Designeruhren in Deutschland montiert. 1995/96 wurden mit dem Anstieg der Mechaniksparte die ersten Mecha-
nikuhren produziert. Glashütte habe ich damals etwa 15.000 Automatik-
werke abgekauft.
BJ: War der Erwerb ein Anfang wie wir ihn in Schrambeck bei Junghans auch sehen? Ist hier die Wertschätzung des Markenimages und der Lieferfähigkeit zuhause?
BIRK: Wir wollten einfach den Erhalt des Standorts und der Produktion sichern, weil wir sie seit 25 Jahren nutzen. Dass wir „Made in Germany“ sind, war davor nicht so gut sichtbar und wir wurden immer wieder gefragt, ob wir in Fernost produzieren würden. Nun sieht man sehr deutlich, dass wir hier aktiv sind und Eigentum aufgebaut haben. Außerdem sind auch 150 Jahre Uhrengeschichte im Museum versammelt. Das geht zurück bis 1862. Wenn man so will, auf eine der ältesten Uhrenfabriken überhaupt.
BJ: Hier wird also gezeigt, dass man immer schon ein wenig anders gearbeitet hat und das Qualitätsattribut „Made in Germany“ hochgehalten wird.
BIRK: Ich will es so formulieren: Wir sind das kleine Konzept von Glashütte, aber hier wurden Millionen Uhren hergestellt und diese Historie wollen wir nutzen. Vergessen Sie nicht, dass hier auch die Uhr für den ersten deutschen Mann im Weltall, Sigmund Jähn, der 1978 an Bord der sowjetischen Rakete Sojus 29 Geschichte schrieb, gebaut wurde. Aktuell renovieren wir und wollen Eleganz und Image fördern. Wir sind auch dabei, in allen Bereichen zu entwickeln – vom ausgedehnten Mechanikbereich bis zur intensiven Arbeit an smarten Modellen, die ab Anfang nächsten Jahres in Produktion gehen. Ich denke, das gibt auch wieder eine veritable Chance hinsichtlich der Steigerung unserer Mitarbeiterzahl.
BJ: Hat sich dieses Engagement bereits in der Coronazeit ausgewirkt? Konnten Sie besser liefern, als andere Produzenten, die stärker von Asien abhängig sind?
BIRK: Wir haben immer sehr viele Bauteile auf Lager und kaufen laufend ein. Die Auslieferung der mechanischen Werke lief aufgrund unserer Unabhängigkeit kontinuierlich. Wir haben jetzt auch ein altes Schweizer Partnerunternehmen, von dem wir in der Zukunft mechanische Top-Werke mit beachtlicher Gangreserve etc. beziehen werden.
BJ: Themenwechsel: Wie „sauber“ muss der Juwelier Ihrer Meinung nach sein?
BIRK: Es gibt ja leider viele schwarze Schafe. Wir mussten uns von einigen trennen, wo es nicht nur um
Kleinumsätze ging. Im Saarland haben wir z.B. auf 150.000 Euro verzichtet. Das sind Juweliere, bei denen man merkt: „Hoppla, das kann sich mit dem stationären Geschäft nicht ausgehen.“ Wir nummerieren ja jede Uhr auf der Rückseite. Jedes Modell wird mit diesem eindeutig eruierbaren QR-Code in einer Datenbank eingetragen. Also wissen wir ganz genau, wenn wir eine Uhr am Markt sehen, wer diese Uhr geliefert hat und ob sie weiterverkauft wurde. Und somit können wir natürlich schwarze Schafe herausfiltern.
BJ: Welche weiteren Qualitätsmerkmale neben dem QR-Code liegen Ihnen besonders am Herzen?
BIRK: Wir haben neben unserer „Made in Germany“-Garantie auch eine Sonderzollnummer, die nachweist, dass mindestens 50% der Uhr in Deutschland hergestellt sind. Zu diesem Anteil der Wertschätzung zählen auch Bestandteile, die in EU-Ländern eingekauft werden. Das ist auch der Grund, warum wir seit 35 Jahren unsere Zeiger in einer französischen Kleinfabrik herstellen lassen und warum unsere Bänder zu 80% aus Italien kommen. Wir haben einen Produzenten mit einem rund 25-köpfigen Team vor Ort. Wenn ich dort als der größte Abnehmer anrufe, wird kurzfristig geliefert. Zur Erklärung: Die EU hat mit vielen Ländern in Asien Verträge geschlossen und wenn diese eingehalten werden, wird diese Sonderregelung bezüglich „Made in Germany“ getroffen. Auf diese Weise sparen Importeure bis zur Hälfte des üblichen Importzollsatzes. Das wird jährlich kontrolliert und uns ist es wichtig, diesen Status zu halten.
BJ: Aber ist es nicht eine Art Luxus, Einzelteile in Europa zu beschaffen?
BIRK: Natürlich kostet ein französischer Zeiger das Dreifache eines indischen oder chinesischen. Teurer ist auch das Superluminova, das wir in der Schweiz einkaufen. Aber wir wissen um die Wichtigkeit eines kompetenten Herstellers. Nur er schafft es, dass die Superluminova in der komplett gleichen Farbe leuchtet wie die Zeiger. Wir lassen zum Teil ja auch Sonderfarben machen, deshalb setzen wir auf verlässliche Zulieferer.
Produktionsstätte mit Geschichte
2019 übernahm POINTtec alle Mitarbeiter der Uhrenmontage des jahrzehntelangen Produktionspartners Gardé Uhren und Feinmechanik Ruhla.
Das Bauhaus-Gebäude ist eine Hommage an eine der wichtigsten Kollektionen des Hauses und auch ein bewusstes Bekenntnis zu Tradition und Kompromiss-
losigkeit in der Fertigungsqualität. 1862 wurde in Ruhla mit der Fertigung feinmechanischer Bauteile begonnen. 30 Jahre später wurden hier Uhren produziert. Das denkmalgeschützte Architekturjuwel einer ganz besonderen Ära beherbergt auch ein Uhrenmuseum, das u.a. die Geschichte des „VEB Uhrenwerk Ruhla“ erzählt, die vor der Wende Millionen von Uhren und Uhrwerken produziert hat.