Heike Heermann zum Weltfrauentag: „als Frau in einer Männerdomäne“

Vom Großkonzern in den Mittelstand: Die Geschichte von Heike Heermann bei Rolf Cremer inspiriert.

Der Uhrenhersteller Rolf Cremer ist ein mittelständischer Betrieb mit Sitz in Norddeutschland. Co-Geschäftsführerin Heike Heermann hat sich nach 30 Jahren in einem Großkonzern eine neue Herausforderung gesucht – und in der Uhrenbranche gefunden.



Seit drei Jahren führen Heike und Markus Heermann die Rolf Cremer GmbH. Der Schritt zur eigenständigen Geschäftsführerin des Uhrenherstellers war für Heike Heermann ein Sprung ins kalte Wasser.

Im Gespräch mit ihr wird klar: Den Schritt ins Unbekannte, ins Neue muss man wollen. Auch eine Menge Mut und Eigeninitiative gehört dazu, vor allem in einem Mittelstandsbetrieb, der natürlich nicht den festen Strukturen folgt, wie es ein Konzern tut. Die Gleichberechtigung der Rollen von Heike Heermann und Ehemann Markus Heermann steht für sie jedoch stets im Vordergrund.

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Ein erfolgreiches Team, das sich stets ergänzt: Heike und Markus Heermann von Rolf Cremer. © Blickpunkt Juwelier

Blickpunkt Juwelier: Frau Heermann, erzählen Sie uns doch bitte, wie Sie in die Uhrenbranche kamen.

Heike Heermann: Nachdem Familie Cremer entschieden hat, sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückzuziehen, und uns gefragt hat, ob wir uns eine Firmenübernahme vorstellen könnten, haben wir dann zum 01.01.2020 die Firma Rolf Cremer GmbH tatsächlich gekauft. Wir wollten beide nochmal etwas Neues starten, mit der Möglichkeit, unsere langjährigen Erfahrungen in einer komplett anderen Branche einzubringen.

BPJ: Welchen Beruf haben Sie denn vorher ausgeübt?

Heermann: Ich habe als Industriekauffrau in einem Großkonzern im Sales-Bereich mit Großkunden gearbeitet. Unterschiedlicher könnten meine vorherige und meine jetzige Tätigkeit nicht sein. Mit der Übernahme des Außendienstes Nord habe ich etwas komplett Neues gewagt. Ich war vorher nie im Außendienst und die Branche war völlig neu für mich.

Rolf Cremer Uhr im ikonischen Design. @ Rolf Cremer

BPJ: Sie mussten sich Ihre Aufgaben also größtenteils selbst erarbeiten. Welchen Herausforderungen sind Sie dabei begegnet?

Heermann: Es war schon eine große Herausforderung, mit meinen Koffern das erste Mal vor einem Juwelier zu sitzen und ihm meine Uhren zu verkaufen. Zum Glück haben wir sehr nette Kunden, so macht die neue Aufgabe Spaß. Irritierend ist es, wenn man gefragt wird, ob man Firmendokumente wirklich unterschreiben darf. Hätte mein Mann diese Frage auch gestellt bekommen? Die Frage nach meinem Chef wird auch immer weniger, es geht also in die richtige Richtung.

BPJ: Wie würden sie ihren Einfluss auf das Unternehmen beschreiben?

Heermann: Da mein Mann und ich gleichberechtigte Geschäftspartner sind, besprechen wir und entscheiden immer gemeinsam.

Rolf Cremer Uhren am Messestand auf der Inhorgenta 2022. © Blickpunkt Juwelier

BPJ: Glauben Sie, es gibt so etwas wie eine „weibliche Note“, die sie ins Unternehmen mitbringen?

Heermann: Das glaube ich auf jeden Fall. Mein Mann und ich ergänzen uns hier sehr gut, jeder kennt die Stärken des anderen und so profitieren wir gegenseitig. Es gibt immer Dinge, die der eine lieber macht – zum Beispiel die Deko für die INHORGENTA. Dafür stehen die Messewände ohne mein Dazutun.

BPJ: Ist es Ihnen nach so langer Zeit in einer ganz anderen Branche leichtgefallen, noch einmal etwas ganz Neues anzufangen?

Heermann: Es war eine Herausforderung, den sicheren und gut bezahlten Job aufzugeben und plötzlich selbständig zu sein. Vorher war mein Job sehr prozessorientiert, jetzt kann ich frei entscheiden und umsetzen, was mir wichtig ist. Das ist ein großer Vorteil und macht Spaß.

Mit dem Outfit passend zur Rolf Cremer Uhr: Heike Heermann beim Interview auf der Inhorgenta 2023. © Blickpunkt Juwelier

BPJ: Hat sich ihr Blick darauf, wie Menschen Uhren und Schmuck tragen, verändert, seit sie in der Branche arbeiten?

Heermann: Ja, das hat es. Ich schaue viel aufmerksamer, welche Uhren getragen werden und wie die Uhren mit Schmuck kombiniert werden. Früher habe ich eine Uhr getragen, jetzt passe ich die Farbe der Uhr der Kleidung an und kombiniere gerne mit Schmuck und Lederbändern.

BPJ: Wenn sie einen schlechten Tag haben, es nicht gut läuft, wie motivieren sie sich, weiterzumachen?

Heermann: Ich weiß, dass der nächste Tag wieder besser wird. Meine kleinen Geheimwaffen sind unsere beiden Hunde, die wir jeden Tag mit ins Büro nehmen. Hier wird dann mal kurz gekuschelt, das hilft auf jeden Fall.

BPJ: Gibt es für sie eine andere Frau innerhalb der Branche, außerhalb der Branche, die Ihnen als Vorbild gedient hat?

Heermann: Bisher noch nicht. Dafür bin ich noch nicht lange genug in der Branche. Zudem war es während der Corona Pandemie nicht einfach, Kontakte zu knüpfen.

Weitere Interviews zum Weltfrauentag

Wir haben noch weitere spannende Interviews mit Frauen aus der Branche geführt. Eine Auswahl finden Sie hier.

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