Online-Plattformen am Vormarsch? Paroli bieten, nicht jammern!

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Einfach und schnell. Bequem und problemlos. Mit diesen Eigenschaften wird Online-Shopping beschrieben. Was hält den stationären Fachhändler auf, ähnliche Begriffe für sich zu finden?

Amazon, Zalando, Fashionette & Co machen dem stationären Fachhandel das Leben schwer. Zumindest, wenn dieser nicht auf die geänderte Situation reagiert.



Rabattitis, Beratungsdiebstahl, ein schier ewiger Kampf mit Tiefstpreisen und Lockangeboten – kaum ein Juwelier oder Uhrenfachhändler hätte sich vor ein paar Jahren träumen lassen, dass er in diesem Ausmaß damit konfrontiert werden würde. Gut, Graumarkt-Posten tauchten seit etlichen Jahren immer wieder auf, doch damit konnte man leben. Aber die Online-Plattformen haben den Fachhandel durcheinandergewirbelt. Verkauft wird über den Preis. Besonders perfide: Die Kunden sehen sich die Uhr im Geschäft an, greifen sie an, probieren sie – und bestellen sie, noch während sie das Geschäft verlassen, über das Smartphone bei Amazon, Zalando oder Fashionette.

Die Kundschaft sieht man bestenfalls wieder, wenn das Metallarmband nicht passt oder wenn ein Garantiefall eintritt. Dann soll man – fällt schließlich unter „Dienst am Kunden“ – die Uhr einschicken, sich eventuell mit der Plattform, einer Servicestelle oder Werkstätte auseinandersetzen. Und wenn möglich, den „Kunden“ informieren, wann die Uhr abzuholen ist. Natürlich kostenlos, ist ja ein Garantiefall, oder so. Fehlt gerade noch, dass dann diese Leute zum Batteriewechsel kommen – aber die Batterie schon mithaben.

Unverschämte Kunden gab es schon immer und wird es wohl immer geben. Neu ist die Erpressung: „Dann kauf’ ich’s halt im Internet.“ Früher konnte man Kunden, die auf günstigere Preise beim Juwelier ums Eck verwiesen, getrost den Rat geben, dort einzukaufen. Wohl wissend, dass alle den gleichen Preis haben. Heute bietet jede Plattform Sonderangebote, Sonderrabatte.

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Ein ordentliches Warenlager ist das A und O, auch des Online-Handels.

Harmloser Beginn

Als Amazon vor 27 Jahren anfing, war es eine US-Plattform für Bücher. Na und? Das kümmerte hier keinen. Erstens bot die Plattform nur Bücher an, zweitens in den USA. Also gab es keinen Grund, sich irgendwelche Sorgen zu machen, auch wenn der Online-Händler mit satten Rabatten warb.

Heute ist Amazon für viele Kunden nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Längst sind es nicht nur Bücher, sondern praktisch alle Gegenstände des täglichen Bedarfs. Ein lange vergeblich gesuchter Artikel? Dank Amazon Prime liegt er am nächsten Tag im Postkasten. Und natürlich gibt es auch Uhren und Schmuck. Wobei die Angebote meist nicht von Amazon kommen, sondern von Händlern. Die Lagerwirtschaft übernimmt der US-Konzern. Es geht nur mehr darum, die Produkte entsprechend in Szene zu setzen. Vor allem über den Preis.

Langsam hat es sich aber herumge-sprochen, dass nicht alle Deals zur vollsten Zufriedenheit ablaufen. Vor allem bei Garantiefällen kann es nervig werden, endlich entschädigt zu werden. Schließlich sitzt der Händler nicht ums Eck oder zumindest in Deutschland, sondern irgendwo auf der Welt. Sofern es ihn überhaupt noch gibt.

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Fashionette macht es vor: Schmuck zum Outfit.

Konkurrenz aus Deutschland

Seit 2008 gibt es mit Zalando und Fashionette zwei deutsche Mode-Plattformen. Wobei Fashionette mit Taschen, Sonnenbrillen Accessoires und eben Schmuck und Uhren im Angebot, auf eher höherwertige Marken spezialisiert ist.

Bei Zalando reicht das Angebot von der Jogginghose bis zum Ballkleid. Und hier ist man noch etwas zurückhaltender: Keine Uhr kostet derzeit mehr als 1.300 Euro.  Fashionette hingegen geht bei den Uhren auf bis zu 3.750 Euro.

Plötzlich in der gleichen Liga

Damit sind wir schon in der Einstiegsklasse für Luxusuhren. Und hier wird es für den Uhrenfachexperten brenzlig. Denn anfangs wurden für ein Internet-affines, jüngeres Publikum eher preiswerte Artikel angeboten. Und Armbanduhren um weniger als 13 Euro sind für den Fachhandel wirtschaftlich ohnehin uninteressant. Aber mittlerweile ist der Online-Handel in der älteren Generation angekommen. Somit wird es für den Juwelier und den Uhrenfachexperten höchste Zeit, sich auf diese Konkurrenz einzustellen.

Der eigene Online-Shop ist vor allem für größere Juweliere ein probates Mittel, den Online-Plattformen etwas entgegenzusetzen– auch wenn es nicht unbedingt der Preis ist. Zumindest sollte man mit seinem Angebot online präsent sein. Und man kann vielleicht beim nächsten Service oder beim nächsten Batteriewechsel kulanter sein. Aber dies allein wird kaum reichen, um sich als Experte zu positionieren.

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Durch das Daten- sammeln des Online- Handels erfährt der Verkäufer, was der Kunde will. Der stationäre Händler könnte es ihm gleich tun.

Der Apotheker macht´s vor

Dabei gibt es Berufsgruppen, die es bestens verstehen, sich – durchaus zu Recht – als Experten zu positionieren. Bestes Beispiel ist der Apotheker. Neben den Medikamenten, die er mit entsprechender Sachkenntnis verkauft, bietet er „Beiprodukte“ wie Heiltees, Kräuterzubereitung und Cremes an. Und damit steht er in direkter Konkurrenz zu den Drogeriemärkten, die eben diese Produkte vertreiben. Aber der Apotheker kann auch hier seine Kompetenz ausspielen und so eine breite Kundenschicht für sich gewinnen. Denn dem Apotheker vertraut man mit Sicherheit mehr, als der Dame an der Drogeriemarkt-Kassa. Und für den Apotheker ist daraus inzwischen weit mehr geworden als eine kleine Zusatzeinnahme.

Genauso muss auch der Fachhändler und Uhrmacher dem Kunden sein Wissen und sein Können zeigen. Dann werden die Kunden nicht vor jeder Kaufentscheidung diverse Online-Plattformen nach dem günstigsten Offert durchsuchen. Eine richtige Beratung muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass der Kunde mit der teuersten Uhr das Geschäft verlässt. Aber sie sollte dazu führen, dass er zufrieden ist und wieder kommt.

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