585 oder 333? Diese Frage stellen sich möglicherweise nun einige Verbraucher, die nicht so bereitwillig ihr Geld ausgeben wollen oder können. © Shutterstock
Ist es für jeden Juwelier möglich und sinnvoll, sich auf den hochwertigen Schmuck zu konzentrieren? Guido Abeler hat eine klare Meinung.
Guido Abeler, der Geschäftsführer von Carl Engelkemper Münster, führt sowohl hochwertigen als auch preiswerten Schmuck. Durch seine jahrelange Erfahrung hat er eine klare Haltung zum Thema Hochwertigkeit und der Diskussion zwischen 585er-Gold und dem weit verbreiteten 333er-Gold.
Lesen Sie zum Themenspecial Inflation auch unseren Hauptartikel.
Als Stimmen aus der Branche hat Blickpunkt Juwelier auch mit Juwelier Willer aus Hamburg und Juwelier Steinbreder aus Melle gesprochen.
Wir haben uns generell der Frage gewidmet, wie viel Hochwertigkeit in der Schmuckbranche möglich ist.
Lesen Sie dazu unseren Artikel zum Balanceakt für Händler und Lieferanten sowie das Interview mit Roland Kaulfuß, Geschäftsführer der Kraemer Juweliergruppe.
BLICKPUNKT JUWELIER: Herr Abeler, welche Perspektive haben Sie auf den aktuellen Markt?
GUIDO ABELER: Wir sehen natürlich, dass in letzter Zeit die Goldverkäufe stark angesprungen und gestiegen sind. Ich verstehe, welche Vorteile es hat, sich dem 585er-Gold und dem 750er-Gold und Brillanten zuzuwenden. Aber aus meiner Perspektive kann ich sagen, dass das 333er-Gold mengenmäßig nach wie vor das meistverkaufte Gold ist und sich das auch auf absehbare Zeit nicht ändern wird.
Hinzu kommt jetzt noch die Problematik mit der Inflation und dem Goldpreis. Ich denke, dass man das separat voneinander betrachten muss, denn der Goldpreis ist ja auch schon gestiegen, bevor die Inflation so hoch war. Seit der monetären Einführung des Euro im Jahr 2002 hat sich der Preis für ein Gramm Gold fast versechsfacht.
Dazu erleben wir auch einen Anstieg der allgemeinen Lohnkosten, der Produktionskosten und natürlich auch bei allem, was der Verbraucher so zahlen muss. Da habe ich Schwierigkeiten, zu einem kompletten Fokus auf höheranteiliges Gold zu raten.
Ich würde dem Juwelier empfehlen, die unteren Preislagen – und das ist nicht nur 333er-Gold, sondern auch Silber – nicht zu vernachlässigen. Meine Annahme ist, dass der Verbraucher nicht so schnell so viel Geld über die Lohnentwicklung bekommen wird, dass er bereitwillig und weiterhin in das deutlich teurere 585er-Gold investiert.
Sicherlich ist dieser Bereich ein Thema, das jeder pflegen sollte, aber ich rate den Händlern dazu, das 333er-Gold-Segment, speziell in Deutschland, weiter auszubauen und zu halten.
Dazu haben wir uns auch bei Carl Engelkemper Münster entschieden und entsprechend noch einmal unsere Markenlandschaft angepasst. Mit „my GOLDENMOMENTS“ haben wir eine eigene Marke für den 333-Bereich kreiert, weil wir einen deutlichen Bedarf in Deutschland sehen. Das 333er-Gold macht nicht nur den Löwenanteil aus von dem, was verkauft wird, sondern ist auch seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Angebots, auf das sich die Verbraucher eingestellt haben.
BJ: Hand auf’s Herz: Wie viel Hochwertigkeit ist Ihrer Meinung nach wirklich möglich?
ABELER: Ich bin dagegen, nur noch für Hochwertigkeit zu plädieren. Wenn nur noch Händler als echter Juwelier definiert werden, die 585-er und 750er-Gold verkaufen, geht das für mich an der Realität vorbei.
Ich erlebe, welche Mengen an 333er-Gold verkauft werden und möchte nicht darauf verzichten. Ich weiß auch, dass unsere Kunden darauf nicht verzichten möchten und das im Hinblick auf Umsatz und Ertrag auch nicht können.
Wir arbeiten in Deutschland mit 4.000 Kunden. Die sitzen oft in kleineren Städten, mit 30.000 oder 50.000 bis 60.000 Einwohnern. Dort gibt es nicht nur gut situierte Menschen, sondern auch Handwerker und Angestellte, die sich etwas leisten möchten. Diese Kunden können nicht das Dreifache ausgeben für 585er-Gold, nur weil es gerade modern ist. Diese Kunden suchen etwas Ähnliches, das aber eben auch goldfarben ist. Für diese Kunden bieten wir das 333er-Gold an.
BJ: Welche Beobachtungen haben Sie während der Pandemie in der Branche gemacht?
ABELER: Das Geschäft der hochwertigen Juweliere war weniger problembehaftet, denn diese konnten das Konzept „Click and Meet“ nutzen. Für eine Rolex-Uhr oder ein Brillant-Collier lohnt es sich schonmal, sich zu treffen.
Unsere typischen Kunden haben mit einer kreativen Mischung aus Service, Anfertigung, „Click und Collect“ und „Click und Meet“ auf die Herausforderungen der Pandemie reagiert. Sie sind damit, und natürlich mit den staatlichen Hilfsprogrammen und dem Kurzarbeitergeld, letztlich ganz gut durch die Pandemie gekommen.
Das zweite Jahr, 2021, war von einem enormen Nachholeffekt geprägt. Nachdem wir in der ersten Jahreshälfte 2021 sehr geringe Umsätze hatten, konnten wir im zweiten Halbjahr vieles wieder aufholen – auch in den Preislagen von Silber und 333er-Gold. Es war insgesamt zwar durchaus ein Jahr für 585er-Gold, aber das bedeutet auf keinen Fall, dass man dafür alles andere liegen lassen könnte.
Wir haben in den letzten Jahren sicherlich weniger Stahl verkauft, aber diesen Rückgang gab es auch schon vor der Pandemie. Gleiches gilt für Silber. Der Rückgang beim Silber passierte allerdings zugunsten sowohl des 333er- als auch des 585er-Goldbereichs.
Wir hatten ein gutes erstes Quartal in diesem Jahr. Bis zum Ausbruch des Krieges in der Ukraine war es noch etwas belebter. Die geringere Frequenz liegt aber nicht nur am Krieg, sondern auch daran, dass die Menschen immer noch vorsichtig einkaufen und nicht so shoppen gehen, wie sie es früher getan haben. Corona steckt eben immer noch in den Köpfen der Menschen. Aber die Kunden, die in die Geschäfte kommen, wollen dort auch kaufen.
BJ: Was ist Ihre Prognose für das Konsumverhalten der Kunden im zweiten Halbjahr?
ABELER: Mit unserem Schmuck planen wir, weiterhin im günstigen Bereich zu bleiben. Unserer Ansicht nach wird die Ausgabebereitschaft für Gold, die durch die Pandemie gestiegen ist, nicht generell in dieser Form weiterbestehen bleiben.
Wenn man in den Urlaub fährt oder ins Restaurant geht, sieht man, dass die Preise gestiegen sind. Das bedeutet, hier wird Geld abfließen, denn die Menschen fahren wieder in den Urlaub und besuchen Restaurants. Ich glaube nicht, dass die Verfügbarkeit von Geld und die Bereitschaft, es auszugeben, wie es aus der Zeit des Lockdowns resultierte, so bleiben wird, dass wir uns nur noch im hochwertigen Bereich tummeln können.
Es gibt nach wie vor viele Menschen mit einem Budget von 300 bis 500 Euro für Weihnachten und in so eine Lebensrealität passt das einfach nicht. Wir leben eben zu großen Anteilen von Frequenzkäufen und in dieser Position fühle ich mich auch sehr viel wohler.