Der Juwelier ist Chef im eigenen Haus – bei Julie Julsen

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Markenpflege ist Pflicht für Rudi Moser, Geschäftsführer von Time Mode (Vertrieb Julie Julsen).

Die Rolle des aktiven Juweliers ist heute wie damals eine bedeutsame. Er hat die Position, um Kaufentscheidungen zu beeinflussen und in der Welt der Influencer und Follower Orientierung zu geben, davon ist Time Mode-Geschäftsführer Rudi Moser überzeugt. 



Jeder Juwelier sollte sich seiner Funktion als Vertrauensperson und umsichtiger Herr über sein Markenportfolio verstehen.

Interview mit Rudi Moser, Geschäftsführer von Time Mode

BLICKPUNKT JUWELIER: Wie beobachten Sie den derzeitigen Markt? Ist die Bereitschaft der Juweliere gestiegen, in unabhängige Marken zu investieren?

RUDI MOSER: Bei der Investition in neue Marken würde ich es derzeit eher als ein „Herantasten“ an neue Kooperationen und Sortimentserweiterungen oder -änderungen sehen. Die Investitionsfreudigkeit hält sich noch in Grenzen. Das hat sicher mit der Pandemie zu tun, weswegen ich davon ausgehe, dass sich das auch wieder ändern wird.

BJ: Früher war der Juwelier ein geschätzter Opinion Leader, der seine Kunden stark beeinflussen konnte. Kann er das heute noch? Oder ist er zum „Untertan“ seiner Uhrenmarken geworden?

MOSER: Der Juwelier ist der unumschränkte Herrscher in seinem Laden. Das steht einmal fest. Er ist eine Vertrauensperson der Kunden und ich würde sagen, er kann auch weiterhin großen Einfluss auf seine Kunden ausüben. Wichtig ist, dass er sich seiner Position bewusst ist. Ich denke, dass Juweliere gut beraten wären, wenn sie selbstbewusster auftreten würden. Denn die Kompetenzen, die sie haben, jahrelange Erfahrung mit Marken und  Kunden, gut ausgebildet und fachlich versiert, ist ein enormer Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Online-Handel.

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Die Schmuckuhren des Klagenfurter Schmucklabels sind dafür bekannt, emotionale Momente einzufangen.

BJ: Viele Juweliere verlieren Marken. Sehen Sie das als Chance oder ist es in erster Linie eine Schwächung des Gesamtmarktes?

MOSER: Aus meiner Sicht ist das eine enorme Chance für die Juweliere, sich mit neuen Produkten zu positionieren und sich damit von anderen zu unterscheiden. Es ist hier wie mit dem Selbstbewusstsein. Die Juweliere müssen sich ihrer einzigartigen Position bewusst werden und sie auch ausspielen. Ein häufiger Fehler bzw. Bequemlichkeit ist es, dass viele Händler sich an einer Marke aufhängen und sich drauf verlassen, dass der Kunde deswegen zu ihm kommt. Das ist ein Trugschluss, denn wenn er sich für neue Marken begeistert, kann er etwas anbieten, das nicht jeder hat. Es hängt an ihm, was er daraus macht. Ist er ein Verkäufer oder nicht? Einer Marke nachzutrauern, bringt nichts. Andere trennen sich bewusst von Marken, lassen sich keinen Druck machen, entscheiden selbst und forcieren andere Themen.

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Positive Ausstrahlung, Leichtigkeit und Lebenslust sind die transportierten Werte der Julie Julsen-Kampagnen.

BJ: Der Juwelier war eigentlich per Definition von heute seit jeher INFLUENCER. Er hatte Follower (seine Kunden) und konnte im Idealfall Kaufentscheidungen beeinflussen.

MOSER: Der aktive Juwelier hat sich immer in den Verkauf eingebracht und dem Endverbraucher Empfehlungen, Tipps oder Argumente gegeben. Das ist bis heute nicht anders.

BJ: Als unabhängige Marke will man im Vergleich zum Konzern ja nicht als der „liebe Nette“ gelten. Was konkret erwarten Sie vom Juwelier?

MOSER: Wenn der Fachhändler eine neue Marke in sein Geschäft aufnimmt, soll er ihr zumindest eine ähnliche Aufmerksamkeit schenken wie der Konzernmarke. Sonst macht es doch von vornherein keinen Sinn, eine neue Marke in das Sortiment zu integrieren.

BJ: Der britische Hersteller Dyson wirbt am Ende seiner TV-Spots mit dem Slogan „Kaufen Sie direkt beim Hersteller“. Wie wahrscheinlich erscheint diese Maßnahme, sodass auch Uhrenmarken zu diesem Schritt tendieren könnten, um ihren eigenen Shop zu befeuern?

MOSER: Es ist vollkommen klar, dass Konzernmarken aber auch viele kleine, unabhängige Marken den direkten Schritt zum Endverbraucher suchen und ihn letztendlich auch machen werden. Hier ist wichtig, von Beginn an ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, dass gleichzeitig auch Wertschätzung ausdrückt. Sobald ein Ungleichgewicht zwischen Hersteller und Händler entsteht, ob in die eine oder in die andere Richtung, dann wirkt sich das negativ auf das Geschäft aus, auf die Verkaufszahlen. Und das, das steht fest, ist weder im Interesse der Marke noch im Interesse des Juweliers.

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Links: Uhren wie das Flower of Life-Modell mit rosévergoldetem Gehäuse, die mehr Schmuckstück als Zeitmesser sind, charakterisieren Julie Julsen. // Mitte: Das 3D-Design der Blume des Lebens am Perlmutt-Zifferblatt und das magnetische Uhrband sind HIghlights dieses Flower of Life-Modells. // Rechts: Diese Interpretation des Lebensbaums mit drapierten Zirkonia und Perlmutt-Hintergrund wird durch ein feingliedriges Meshband vollendet.

BJ: Stichwort Amazon: Wie geht Ihre Marke mit dem Online-Giganten um? Führt tatsächlich kein Weg dran vorbei? Ist es wirklich die unverzichtbare, zweite Suchmaschine? Wie ist der Umgang der Händler mit Amazon?

MOSER: Wir selbst arbeiten nicht mit Amazon. Unsere Händler dürfen bei Amazon anbieten, jedoch nur unter Einhaltung des UVPs. Wir beobachten die Lage und sehen, dass nicht der klassische Händler Amazon befüllt. In Österreich und Deutschland sprechen wir von einer überschaubaren Menge. Wir sind auch nicht grundsätzlich gegen Onlineverkäufe. Schwierig wird es, wenn andere Juweliere im Internet mit hohen Nachlässen anbieten. Wir müssen Julie Julsen soweit wie möglich aus dem Discounting raushalten und das ist uns bisher gelungen. Aktionen zu bestimmten Anlässen wie Fashiondays und Black Friday oder eine kostenlose Lieferung sind tolerierbar. Wir wollen hier nicht der Scharfrichter sein. Aber im täglichen Spiel sollten die Preise im Normbereich liegen und neue Kollektionen zu Dumpingpreisen gehen gar nicht. Daher werfen wir auch ein Mal wöchentlich einen Blick auf Preisvergleichsportale.

BJ: Die Aufgabe des Fachhändler ist soweit klar. Dennoch: Welche drei Punkte sollte er nach der Pandemie in Hinblick auf 2025 dringendst berücksichtigen?

MOSER: Ich würde die Prioritäten folgen-dermaßen definieren:

1. Die Deckungsbeiträge laufend imAuge behalten und überprüfen.

2. Die Kannibalisierung der Marken innerhalb des Sortiments vermeiden.

3. Darauf achten, in keine Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten zu geraten.

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