Rolex-Deal mit Strategie: Alles Denkbar! (Teil 2)

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Seit Jahren in trauter Zweisamkeit am Wiener Luxusparkett: Noch lassen sich die beiden Luxusgiganten nicht in die Karten schauen. Eines ist klar: Der Deal ist eine Machtdemonstration in der Branche.

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Kaufs von Bucherer ist eine Machtdemonstration von Rolex. Nur wenige Tage vor dem Start der Geneva Watch Days verkündet, stellt der Deal alle anderen Uhrenmanufakturen und ihre Produktneuheiten in den Schatten. Es dominiert ein Thema: Der Deal. Hier können Sie den ersten Teil der Story nachlesen. 



Zauberwort: Vertikalisierung

Rolex, so Insider, richte sich bereits auf eine Phase ein, in der der Uhrenboom und die Begehrlichkeit auf Uhren einbrechen sollte. Mit der Übernahme treibt Rolex die Vertikalisierung der Marke voran. Die Nummer eins am Markt erhält tiefe Einblick in die Struktur des Uhrenfachhandel. Als Produzent hält sie nun als Produzent wichtige Fäden zur Kontrolle des Vertriebssystems und der Preisgestaltung in der Hand und ist mit dem Geschäft der neuen Goldwährung, den Kundendaten, ganz vorne mit dabei. 

Dass diese Position den Rolex-Konkurrenten und langjährigen Geschäftspartner – meist in einer Person – sehr kritisch gesehen wird, ist daher nicht verwunderlich. Rolex bemühte sich in der Ankündigung der Übernahme zu betonen, dass Bucherer weiterhin eigenständig agiert. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die Konkurrenz nicht so gutgläubig sein wird. 

Denn als Eigentümerin, ist dieser Informationsfluss das A&O für den Erfolg. Und es ist aus Perspektive des Mitbewerbs verständlich, das es speziell der Swatch Group und LVMH mehr als übel aufstoßen wird, dass mit jedem Verkauf einer Uhr über den Ladentisch von Bucherer, der Umsatz des neuen Rolex-Imperiums wächst. Sprich, die Krone wertvoller wird. Moment des Handelns: Konkurrenz an die Wand gespielt Spezielles Augenmerk wird in der näheren Zukunft auf der Swatch Group liegen. Nick Hayek‘s Gruppe pflegt mit neun seiner Marken eine enge Geschäftsbeziehung mit Bucherer. Allen voran mit Omega, die die gleichen Käuferschichten mit vergleichbarem Segment wie Rolex anspricht: sportive Uhren mit Manufakturkaliber und Chronometer Zertifikat unter 10.000 Euro.

Sollte er sich aus den Bucherer Geschäften zurückziehen, so wird es schwierig für Hayek die Umsätze zu kompensieren. Die Notlösung, nun schnell ein Netz von eigenen Läden aufzubauen, schätzt Gregory Pons vom Fachmagazin „Business Montres“ als „unrealistisch, ineffizient und kostspielig ein“. Er ergänzt: „Zudem hat die Gruppe schon genug bewiesen, dass sie das eigene Retailgeschäft nicht besonders effizient führt.“

LVMH-Avancen: Auf Granit gebissen

Seit 1. September 2023 ist LVMH nicht mehr das wertvollste Unternehmen Europas. Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk holte LVMH am Aktienmarkt ein. Eine Woche nach dem Rolex-Bucherer-Deal ein weiterer Schlag für den erfolgsverwöhnten Patron Bernard Arnault. So wurden nicht nur die Uhrenmarken des Konzerns im vergangenen Jahr bei Marktanteilen und Umsatzzuwächsen auf die hinteren Plätze verwiesen. Auch die von Arnault ausgesandten Emissäre zur Anbahnung einer Übernahme von Bucherer durch LVMH bissen bei ihrer Mission auf Granit. Dass Arnault nicht reagieren wird, steht jedoch außer Diskussion. Bereits im August wurde kolportiert, dass Arnault seinen Sohn Frederic im Herbst dieses Jahres von TAG Heuer abziehen und als Bulgari-CEO einsetzen werde. Unter den aktuellen neuen Marktbedingungen, nicht verwunderlich. Denn die Erfolge des Sohns bei TAG Heuer sind mäßig. Der Umsatzzuwachs am boomenden Markt betrug nur 47 Mrd. Schweizer Franken. Zwar werden die Weiterentwicklung der Marke am Markt sehr positiv aufgenommen, doch die Umsatzzahlen und Marktanteilsverluste zeigen nicht vom besten Händchen des Arnault-Sohns. Es wird also noch spannend im Herbst.

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©Morgen Stanley/Luxeconsult

Rolex-Thema bei Richemont

Und natürlich hat auch Jerome Lambert, CEO der Richemont Konzerns sein ganz eigenes Rolex-Problem. Die Richemont Group konnte ihren Marktanteil konstant halten. Sorgenfalten bereiten Lambert mehr, dass jeder Umsatz mit Richemont-Marken bei Bucherer mehr Umsatz den Konzernumsatz von Rolex stärkt. Gleichzeitig ist sein Konzept einer Mulitmarken-Strategie mit dem Kauf von Bucherer auf dem Stapel, der nicht in den Markt gebrachten Konzepte landet. Lambert weiß genau, dass selbständige Fachhändler bisher nur langfristig niemand überlebt, der nicht auf Rolex und Patek Philippe vertrauen kann. Gewisse Ketten machen alleine mit Rolex bis zu 60 Prozent des Umsatzes.

Der Fachhandel: Noch gelassen?

Dass die Auswirkungen für einzelne Händler sein können, zeigt etwa Watches of Switzerland. Watches of Switzerland, Konkurrent Bucherers und größter Rolex-Händler in Großbritannien erhielt die Rechnung umgehend auf die Bekanntmachung der Übernahme serviert. Es reichte nicht, dass der Händler vor einigen Wochen sehr gute Quartalsergebnisse präsentieren konnte. Der Kurs der Aktie stürzte noch am 25.8. um 28 Prozent ab. Zwar konnte er sich jetzt stabilisieren, aber auf weit niedrigem Niveau als noch in den Monaten zuvor. 

Angesprochen auf die möglichen Auswirkungen des Deals für den Fachhandel weisen Branchenvertreter auf den Aspekt der Kontinuität und Partnerschaftlichkeit bei Rolex hin. Denn wie im Falle von Bucherer, setzt Rolex auch beim Fachhandel meist auf langjährige und nachhaltige Partnerschaften. Entsprechend hat das unter der Kontrolle der Stiftung Hans Wilfersdorf stehende Unternehmen, diese Unternehmenswerte aktiv gelebt. Das unterstreicht auf Nachfrage auch Geschäftsführerin Kim-Eva Wempe: „Als langjährige Partner von Rolex sind wir einen Tag vorab über die Akquisition informiert worden. Wir gehen fest davon aus, dass die erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Rolex und Wempe bestehen bleibt.“

Dennoch begann Rolex mit Ausdünnung der Konzessionsverträge. Für den Fachhandel und seine bereits bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen wird durch die Übernahme und die ungewisse Situation nicht einfacher. Denn es zeichnet sich eine Veränderung im Fachhandel ab, die schon als disruptiv angesehen werden kann, und auf die es gilt rasch Gegenstrategien auszurollen. Die Ebenen hier sind: Ausdünnung der Vertriebsnetzes durch Uhrenmarken, die starke Fokussierung auf Zugewinnen bei Marktanteile um jeden Preis, zwingt Uhrenmanufaktur die Vertikalisierung inklusive der Errichtung von Monobrand-Stores weiter zu forcieren. Das Tempo wird sich beim Kampf um jeden Zehntelprozent Marktanteil erhöhen.  

Aus Perspektive der Uhrenmanufakturen eine nachvollziehbare Strategie. Es geht um die Maximierung der Wertschöpfung von der Produktion bis hin zum Point-of-Sales, es geht um Sicherheit und Kontrolle und wie erwähnt um Daten. Ob langfristig eine Monokultur in der Vetriebsstrategie erfolgsversprechend sein wird, dazu gehen die Meinungen auseinander. Besonders erfahrene Juweliere meinen, dass alle strategischen Konzepte in bestimmten Zyklen immer wieder aus der Schublade geholt wurden und darin nach einiger Zeit auch wieder verschwand.

Bucherer_CPO
Bucherer ist weltweit breit aufgestellt. Beim Thema CPO hat sich der Marktführer mit dem Kauf der Adresta AG einen Know-how-Vorsprung gesichert.

Auf den Punkt gebracht

Die konkreten Auswirkungen auf den Fachhandel werden noch etwas länger nicht ganz klar sein. Viele Branchenvertreter sehen realistischerweise, dass das enorme Wachstum der vergangenen Jahre irgendwann seinen Peak erreichen wird. Das Match um die aussichtsreichsten Marktpositionen steht erst am Anfang. Es wird spannend, welches Unternehmen als nächstes bereit für eine Übernahme sein wird. Welcher Deal folgt auf Rolex-Bucherer? In dieser Situation heißt es für den Fachhandel besonders sensibel zu sein und die Marktsignale sowie kleinesten seismografischen Ausschläge zu registrieren, strategisch für den eigenen Betrieb einzuordnen und sich so breit wie möglich aufzustellen. 

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